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Hansjörg Wachta , 1997

POLARITÄTEN UND WIDERSPRÜCHE
Zur Malerei von Barbara Höller


Die Künstlerin Barbara Höller hat es ihrem Publikum nie leicht gemacht. Das war schon früher so, als sie vorwiegend Holztafeln mit selbstgeriebener Eitempera bemalte: auf den ersten Blick beeindruckte die Ästhetik des Trägermaterials, die Maserung des Holzes, die einen reizvollen Gegensatz zu den eher strengen Kompositionen bildete. Doch schon damals steckten komplexe Überlegungen hinter den vermeintlich gefälligen Bildern — Gedanken über die Malerei an sich, über das Verhältnis von »Grund« und »Figur« , über den Prozeß der Veränderung, der sich mit dem Nachdunkeln des Holzes einstellte.

Unterdessen sind Barbara Höllers Bildäußerungen noch minimalistischer geworden. Zweifellos handelt es sich um die Nachwirkungen eines fünfmonatigen Japan-Stipendiums im Jahr 1996, das seine geistige Spuren hinterlassen hat. »Ich kann noch nicht sagen, was mich wirklich beeinflußt hat», gesteht Barbara Höller, »aber zweifellos hat mich der Widerspruch von Überfülle und Modernität einerseits und dem Zurückgeworfensein auf Förmlichkeit und Existentielles andererseits sehr bewegt.«

Barbara Höller hat, und das kann sie nicht verleugnen, in den siebziger Jahren Mathematik studiert. So bleibt denn auch in ihrer Kunst nichts dem Zufall überlassen. Die Formate der Bilder ergeben sich aus den Vertikal- und Horizontalteilungen der industriell hergestellten Sperrholzplatten (220 x 172 cm), hinter den geometrischen Gebilden steckt ein System von Zahlen, man entdeckt Teilungen, Verdopplungen und Vervielfachungen. Doch der formalen Strenge stehen sensible Prozesse gegenüber — etwa das Spiel mit der Oberfläche, das erwähnte Nachdunkeln, die eigenartig schillernden, den Stimmungen der Künstlerin entsprechenden Farbmischungen oder die Neigung, Flächen in gestischer Manier verschwimmen zu lassen und Formen etwas zu verziehen: Polaritäten und Widersprüche, die nicht zuletzt den Reiz dieser Malerei ausmachen.

Malt Barbara Höller auf Sperrholzplatten, so wird zunächst eine Schablone der Bildidee befestigt, die Platte danach mit Bändern abgeklebt. Nach dem Bemalen werden die Abklebungen entfernt und die Negativ-Formen ersichtlich. Dieser »Dialog» mit dem Material ist Höller »sehr wichtig». Das Auf- und Zudecken des Bildträgers bzw. das Wechselspiel zwischen Zumalen und Freilassen stellen Grundsatzfragen nach der Malerei in unseren reizüberfluteten Zeiten, können aber auch als »Kommunikation» interpretiert werden.

Höller geht sogar noch einen Schritt weiter, indem sie den Raum in ihre Überlegungen miteinbezieht: Tafeln werden so gehängt, daß sie die Präsentationswand teilweise nicht berühren und zu schwebenden Objekten mutieren. »Die Anforderungen an den Betrachter sind manchmal groß», gibt die Künstlerin zu. »Barbara Höller fordert Seh-Arbeit gegen Mal-Arbeit, den Willen zur Konfrontation, Konzentration mit und vor ihren Bildobjekten. Mühsam zugegeben!« schrieb Maria Christine Holter in einem Katalogtext. Erschließt sich erst einmal die Vielschichtigkeit von Höllers Werk gelangt man sehr rasch zur Einsicht: die Mühe lohnt sich.

Hansjörg Wachta
[Katalogtext]