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Roman Baumgartner, 1993

Barbara Höller

 

Barbara Höller wurde 1959 in Wien geboren. Sie vertritt gleichzeitig einen erweiterten Begriff der Zeichnung und die (sogenannte) radikale Malerei, weil sich in ihren Arbeiten wechselseitig beziehend aus beiden beleben. Ihre beherrscht gesetzten Linien wären ohne die einfärbig und Ton in Ton gehaltenen Schichten aus Farbe, in denen die stehen, nur schwer denkbar. Umgekehrt verhält es sich ähnlich. Die Flächen stehen als Kraftfelder und wären als reine Malerei möglich, aber erst durch die zumeist ungegenständlichen Figuren, die auf oder in sie gezeichnet sind, erfahren sie Spannung. Barbara Höller hat ihre Malerei schon früh entworfen. Anfangs mit Ölfarben auf Papier und Leinwand und nunmehr mit Eitempera auf Papier und Holz ist sie wie so viele andere auf der Suche nach dem einen Bild, das alles beenden würde und hofft dabei gleichzeitig, daß sie es nie finden möge.

Als sie begonnen hatte, sich einer bewußten Weise künstlerisch zu äußern, bewegte sie sich im Bereich der freien Ausdrucksmalerei, wobei farbstarke und kraftvolle Arbeiten entstanden, die sich schon bald beruhigten. Der Farbauftrag wurde dünner, so daß die Schichten mehr ineinander zu wirken begannen. Der Strich der Zeichnung verlangsamte sich und erschien vielfältiger. Die Leinwand wurde verworfen und bis hin zu den großen Formaten nur mehr Papier als Malgrund verwendet, weil es ein empfindlicheres Arbeiten und Wirkungen erlaubt, die auf Gewebe nicht möglich sind. Die Bildflächen erfuhren immer stärkere Ordnungen und die Zeichen wurden fast bewegungslos im Raum. Mit der Zeit entwickelte sich eine ausgeprägte Handschrift, die Höller Arbeiten unverkennbar macht. Eines der Merkmale dieser Handschrift ist die fortlaufend durchgehaltene und sich immer noch verdichtende Strenge, mit der die Blätter aufgebaut sind. Diese Strenge ist Maßstab. Sie bestimmt die Wertigkeit einzelner Arbeiten für sich sowie in Beziehung zum Werk und ist zu einer Grundhaltung in Barbara Höllers Arbeitsweise erwachsen. Ein Bildvorhaben wird immer so genau bestimmt, daß es als Gedankengerüst auch für sich allein stehen könnte. Damit wird ein Spielraum zur Verwirklichung der Bilder abgesteckt, den zu verlassen sich die Künstlerin so gut wie nie erlaubt
.
So angegangen entstehen Arbeitsgruppen von unterschiedlicher Ausgedehntheit, die zuweilen, wenn auch von der Künstlerin ungern zugegeben, auf erkennbare Stimmungslagen verweisen.
"Zeichnung zwingt zur Ehrlichkeit. Man ist allein mit sich und einem Blatt." (Zitat Höller) Selber bedient sie sich der Zeichnung meistens dann, wenn sie glaubt, einen Neubeginn finden zu müssen. In der "Serie Creme" von 1990 entdeckte sie dabei ihre persönlichen Möglichkeiten in der Zeichnung auf ölgetränktem Papier. Sie arbeitete mit weicher Kreide auf frisch aufgestrichenem Leinöl, was einen besonders leichthändigen und schnellen Strich ermöglicht. Die entstandenen Blätter sind sehr sinnlich gehalten, was besonders beim Durchblättern zum Tragen kommt, weil der Leinölgeruch und die pergamentierte Oberfläche des Papiers in gerahmtem Zustand nur schwer vorstellbar ist.

Die neuesten Arbeiten von Barbara Höller stehen auf Holz, dem ureigensten Malgrund des abendländischen Tafelbildes. Die klein- bis mittelformatigen Platten werden in der üblichen Weise mit Eitempera bemalt, aber die Zeichensetzung besteht aus von allen Zufälligkeiten gereinigten Symbolen, die aus der Fläche ausgespart sind. Dies ist eine bedingungslose Form der Zeichnung, die keine Zugeständnisse macht. Die freigelassenen Stellen tragen keine unterliegende Farbschicht und zeigen die ungeschützte Oberfläche des Holzes. Es wird mit der Zeit nachdunkeln, wodurch die Bilder nach ihrer eigentlichen Fertigstellung noch einem verändernden Vorgang unterliegen.

Interessant an den neuen Holzarbeiten ist auch, daß sie einen Raumbezug aufweisen. Die Malerei ist über die Kanten gezogen, wodurch die Körperhaftigkeit der einzelnen Tafeln betont wird. Diese Wirkung wird noch zusätzlich verstärkt, wenn die Tafeln oft von der Wand entfernt, man könnte sagen "frei schwebend" gehängt werden.

Barbara Höller ist eine große Zweiflerin. Sie stellt die eigene Arbeit immer wieder aufs neue in Frage und sucht fortwährend neue Ansätze. Außerdem gehört sie zu den KünstlerInnen, denen es gegeben ist, ihr Werk umso kühler erscheinen zu lassen, je mehr es gefühlsbedingt angetrieben wird.

Fragen wie : was ist Kunst, warum wird Kunst gemacht, kann und soll Kunst etwas bewirken und gibt es Gründe, warum Kunst im allgemeinen und Bilder im besonderen heute noch gemacht werden sollen, beschäftigen Barbara Höller und treiben sie an, ihre Standpunkte stets zu überdenken und in Beziehung zu setzen. Eine von ihr immer wieder geäußerte Forderung ist, daß Kunst etwas mit dem Leben zu tun haben müsse. Sie selber erfüllt diese Forderung in den Ergebnissen ihrer Arbeit unbedingt,weil sie sich aus einem grundlegendem menschlichen Bedürfnis anreizt, aus dem Wunsch nach der eigenen inneren Ordnung.

Roman Baumgartner
[Katalogtext "Schlangenbändiger"]